Datenanalyse Der FCM hat seine Torgefahr verloren!
In Bezug auf das eigene Offensivspiel, läuft der FCM seit Wochen den eigenen Erwartungen hinterher und schafft es nur selten aus dem Spiel heraus wirklich gefährlich zu werden. Die Bilanz mit nur einem Nicht-Elfmeter-Toren seit dem Schalke-Spiel ist erschreckend – eine Analyse soll die Gründe beleuchten.
Magdeburg- Nur fünf Tore aus den letzten acht Spielen für den 1. FC Magdeburg, davon drei Elfmeter- und ein Standardtor: Lediglich Luca Schuler gelang es beim Sieg gegen Hansa Rostock ein Tor aus dem Spiel heraus zu erzielen – welches aus einem individuellen Fehler des FCH im Pressingmoment entstand.
Gefahr in seinen Angriffen strahlte der 1. FC Magdeburg zuletzt kaum aus und kein Team traf im selben Zeitraum weniger als der FCM.
FCM-Offensivspiel: Starke Abhängigkeit von Atiks Form
Erzielt ein Team nur wenige Tore, so ist dies zumeist entweder auf eine mangelnde Chancenverwertung oder das Ausbleiben qualitativer Torchancen zurückzuführen. Beim FCM stellten sich aber zuletzt sogar beide Aspekte als äußerst problematisch dar.
Zusammengefasst: Der Club erspielte sich in den letzten Wochen nur wenige gute Einschussgelegenheiten und wenn doch (wie in der ersten Halbzeit gegen Osnabrück), dann vergibt er diese fahrlässig.
Im Zahlenkontext bedeutet das, dass der FCM nach dem Schalke-Spiel durchschnittlich weniger als 0,80 erwartete Tore (Expected Goals laut Datenanbieter wyscout, um Elfmeter bereinigt) pro Spiel kreierte. Damit liegt man nicht nur deutlich hinter dem eigenen Saisonschnitt (ca. 50 Prozent höher), sondern auch erheblich hinter dem Durchschnitt der 2.Bundesliga.
Auf die Gesamtsaison betrachtet rangiert der FCM (unabhängig vom Datenanbieter) stets im unteren Drittel der kreierten Torgelegenheiten und Großchancen.
Zentraler Faktor hierfür ist auch die nahezu totale Abhängigkeit von Baris Atik, wenn es darum geht, offensiv Gefahr zu erzeugen: In den letzten acht Spielen verzeichnete er allein jeweils ein Drittel (!) der erwarteten Torvorlagen (expected Assists), Schlüsselpässe (Zuspiele, welche eine Torchance erzeugen) und erfolgreichen Zuspiele in Tornähe.
In Zahlen ausgedrückt: Seine 18 Schlüsselpässe sind genauso viele, wie seine Flügelspieler-Kollegen Bryan Teixeira (3), Tatsuya Ito (5), Jason Ceka (2), Mohammed El Hankouri (6), Alexander Nollenberger (2) zusammen vorweisen können.
Schnell wird deutlich: Hat Atik offensiv keine zündende Idee, dann ist der FCM nahezu unfähig, die Gefahr über den Rest des Teams zu erzeugen.
Abschlussschwäche und fehlender Torjäger
Nach den Daten von wyscout erzielte der FCM in dieser Saison 43 Tore aus 42,9 Expected Goals. Damit wurde der Erwartungswert ziemlich genau erfüllt. Und trotzdem kann die mangelnde Chancenverwertung angeprangert werden, denn die Angleichung erfolgte ausschließlich auf Basis der letzten Wochen.
Traf der FCM in den ersten 23 Spieltagen noch satte 38-mal bei 34,5 Expected Goals (1.10 Tore pro XG) waren es seither nur durchschnittlich 0,33 Nicht-Elfmeter-Tore pro XG – ein gruseliger Wert.
Das ist einerseits auf die mangelnde Chancenverwertung einzelner Spieler in der Offensive zurückzuführen (Atik, El Hankouri, Ito, Teixeira und Nollenberger blieben ohne Tor aus dem Spiel heraus, trotz 49 Abschlüssen und 3,1 erwarteten Toren).
Und andererseits auch auf den Faktor, dass dem FCM ein klarer Abschlussspieler in der Offensive abhanden geht. Der Toptorschütze des FCM in dieser Saison ist aktuell Schuler mit lediglich sechs Treffern, gefolgt von El Hankouri (fünf Tore, davon drei Elfmeter). Damit zählen die Magdeburger zu einem von lediglich vier Teams (neben Eintracht Braunschweig, Hansa Rostock und der SV Elversberg), deren Toptorjäger weniger als sieben Mal einnetzte.
Wenige Tore auf viele Spieler verteilt
Allerdings ist der FCM die Mannschaft, welche die meisten verschiedenen Torschützen stellt (19 verschiedene Akteure trafen 23/24 für den Club in der 2.Bundesliga, bereits fünf mehr als in der Vorsaison) – ein Faktor, der sowohl Fluch als auch Segen für einen Verein sein kann.
Einerseits ist es erstrebenswert möglichst wenig ausrechenbar für die Gegner zu sein und damit auch keine zu große Abhängigkeit von einzelnen Spielern zu haben. Positive Beispiele aus der Tabellenspitze sind dafür Holstein Kiel und Fortuna Düsseldorf, welche ebenfalls die erzielten Tore auf viele Schultern verteilen.
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Trotzdem haben beide Teams Spieler in ihren Reihen, welche bereits eine zweistellige Toranzahl erzielten: Für Holstein Kiel traf Steven Skrzybski zehn Mal, während Christos Tzolis sogar 18-mal für Fortuna Düsseldorf erfolgreich war. Der FCM hingegen weist den zweitniedrigsten Wert an Toren pro Torschützen auf und ist im Ligavergleich auf dem vorletzten Platz.
Diese Problematik trat jedoch nicht nur kurzfristig auf, sondern wurde aus der vergangenen Spielzeit übernommen, denn auch dort traf mit Moritz-Broni Kwarteng nur ein Spieler beim FCM zweistellig. Kwarteng verließ den Club im Sommer.
Hausaufgaben in der Sommerpause
Primär geht es für den 1. FC Magdeburg in den verbleibenden drei Spielen nur darum, die wenigen notwendigen Punkte für den Klassenerhalt zu sammeln.
In der anschließenden Sommerpause muss der FCM aber Lösungen für sein Offensiv-Dilemma finden und mindestens eine der beiden akuten Baustellen schließen: Ausbau der kreierten Torgefahr neben Baris Atik und Identifizierung eines klaren Abschlussspielers. Denn saisonübergreifend 13 Mittelstürmer-Tore in 65 Zweitligapartien sind schlichtweg zu wenig.
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In Summe waren Schuler, Luc Castaignos sowie Emir Kuhinja und Kai Brünker alle 315 Zweitligaminuten für den FCM erfolgreich. Wenn der Club auch in der kommenden Spielzeit durchschnittlich dreieinhalb Spiellängen auf ein Stürmertor warten muss, dann werden die Magdeburger auch 2024/25 zwangsweise offensive Sorgen plagen.