Exklusiv-Interview Christian Beck erklärt die "Joker"-Stärke beim 1. FC Magdeburg
Beim 1. FC Magdeburg glänzen immer wieder Einwechselspieler, mehr als bei allen anderen Teams in Liga zwei. Ex-FCM-Torjäger Christian Beck gibt Einblicke in "Joker"-Rollen und Team-Moral.
Magdeburg - Balleroberung Silas Gnaka, Doppelpass mit Baris Atik, ein Blick und es folgte ein Zuckerpass auf Tatsuya Ito - der kaum zögerte und eiskalt einnetzte. Der 1. FC Magdeburg siegte am vorvergangenen Spieltag gegen Wehen Wiesbaden (1:0). Wegen einer Koproduktion von zwei "Jokern".
FCM-Cheftrainer Christian Titz bewies ein goldenes Händchen. Mal wieder. Er wechselte den Sieg ein. Ito und Gnaka kamen beim Spiel gegen Wiesbaden in der 67. Spielminute aufs Feld. Sie schafften, was ihren Kollegen bis dahin verwehrt geblieben war.
„Der 1. FC Magdeburg hat diese Spielertypen auf der Bank, die solche Spiele noch einmal beleben können", sagt Christian Beck, Ex-FCM-Spieler und lebende Club-Legende im Gespräch mit Magdeburg Blau-Weiß: "Gerade so ein Ito, das sind kleine, wuselige Spieler, die nach 70 Minuten hereinkommen und die Gegner, die schon ein bisschen müde sind, gut bespielen."
FCM-Spieler Tatsuya Ito ist der Edeljoker im Kader
Ito, der Edeljoker. Seit der Japaner nach Magdeburg kam, spielte er selten von Anfang an. Kein Zufall, seine Stärke im Eins-gegen-eins ist berüchtigt. Erst recht gegen müde Gegner kann er seine Stärke, das Andribbeln des Gegners, ideal ausspielen.
“Er ist ein Teamspieler, er akzeptiert das.“
Christian Beck über Tatsuya Ito
Beck: "Das ist als Gegenspieler schon eklig, wenn du platt bist und dann kommt der Ito rein und spielt dir einen Knoten in die Beine. Da verzweifelt man als Gegenspieler.“
13 Torbeteiligungen nach Einwechslungen verbuchte der 1. FCM in der laufenden Saison, davon elf Tore und zwei Vorlagen. Das ist Liga-Bestwert.
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Die Kehrseite: Fußballspieler wollen so viel wie möglich spielen, logisch. Akteure wie Ito, oder aber auch Luc Castaignos und Connor Krempicki (beide mit jeweils drei Jokertoren diese Saison) kamen bislang selten über die volle Spielzeit zum Einsatz. Die Gefahr, unzufrieden mit ihrer Bankdrücker-Situation zu sein, ist bei diesen Spielern groß.
Aber sie liefern oft trotzdem. Die Disziplin ist gut bis herausragend in der Mannschaft. Glaubt auch Christian Beck, der aktuell für Oberligist FSV Schöningen kickt: „Die Moral muss gut sein beim FCM. Es gab viele Jungs, die vorher noch keine zweite Liga gespielt haben, und trotzdem hat der FCM nie ein schlechtes Spiel in dieser Saison gemacht.”
1. FC Magdeburg und seine Joker: Moral hoch halten
Aber wie gelingt es, Spieler bei guter Laune zu halten, die auf wenig Spielzeit kommen? Beck: “Wenn man sieht, wie gut die Jungs das machen, dann musst du im Training die Qualität hochhalten und dann ist auch die Moral automatisch hoch."
Für den FCM gelte laut Beck: "Druck machen, Qualität hochhalten, damit zwei Konkurrenten auf einer Position die Qualität bringen. Ich denke, die Spannung ist im Training hoch und das zeigt sich auf dem Platz. So bringen auch Einwechselspieler Leistung.“
Ein entscheidender Faktor ist das Trainerteam. Allen voran Menschenfänger Christian Titz, der von manchen seiner Spieler schon fast als Vaterfigur angesehen wird, wie Baris Atik jüngst im Trainingslager angedeutet hatte.
„Ich glaube, dass der Trainer das gut mit den Spielern kommuniziert”, meint auch Christian Beck. “Ein Ito hat oft gezeigt, dass er es drauf hat.” Gerade weil oder obwohl er nur von der Bank kommt? Beck: “Er ist ein Teamspieler, er akzeptiert das.“
Gegen Eintracht Braunschweig kamen Krempicki, Ito und Castaignos von der Bank. Es half nichts, der FCM verlor trotzdem torlos (0:1). Die Leistung der gesamten Mannschaft war an diesem Tag durchwachsen. Ein Jokertor blieb allen Dreien verwehrt. Auch die besten Joker der Liga treffen eben nicht immer.
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FCM-Legende Christian Beck spielte in seiner Karriere indes fast immer von Beginn an. Der Goalgetter mit dem Torriecher netzte für den Club 149-mal ein. Kaum eines davon war ein Jokertor.
An einen Treffer nach Einwechslung jedoch erinnert sich Beck besonders lebhaft: Beim 3:3 gegen den MSV Duisburg erzielte er das 1:1: "Am 26. September 2018 habe ich ein Jokertor gemacht. Da ist meine Tochter geboren."