INKLUSION BEIM FCM Licht und Schatten: So barrierefrei ist der 1. FC Magdeburg
Das Thema “Inklusion” gewinnt in allen Bereichen der Gesellschaft an Bedeutung. Auch beim 1. FC Magdeburg genießt die Teilhabe von Menschen mit Behinderung einen hohen Stellenwert.

IMAGO / Lucca Fundel)
Magdeburg/DUR - Über 3.000 Fans mit Handicap bejubelten am Ostersonntag den 3:0-Sieg des 1. FC Magdeburg gegen Jahn Regensburg. Es war der gelungene Abschluss des 14. Behindertentages des FCM, der größten Inklusions-Veranstaltung im deutschen Fußball.
Daran, dass dieser Tag ein fester Bestandteil im FCM-Kalender ist, hat Gerald Altmann einen großen Anteil. Er ist seit 2011 als Behindertenfanbeauftragter beim Club tätig und setzt sich für Barrierefreiheit ein. Wie der Verein in diesem Bereich aufgestellt ist und wo es noch Luft nach oben gibt, erklärt er im Podcast des FCM.
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Altmann ist ein Urgestein unter den Fans. Laut eigener Angabe geht er seit 1971 in Magdeburg zum Fußball. Er erlebte die goldenen Siebziger, aber auch die Tristesse der Nachwendezeit, als nur wenige hundert Zuschauer das damalige Ernst-Grube-Stadion besuchten.
Die Entwicklung des Behindertentags beim 1. FC Magdeburg
In dieser schweren Zeit brachte sich Altmann aktiv in die Fanarbeit ein. Weil er selbst wegen eines Verkehrsunfalls auf den Rollstuhl angewiesen ist, liegen ihm die Belange der Fans mit Handicap besonders am Herzen. 2010 rief er den ersten Behindertentag ins Leben.
Damals habe es unter den 2.500 bis 3.000 Zuschauern, die zu den Heimspielen kamen, um die 30 treue Anhänger im Rollstuhl gegeben, denen man eine Freude machen wollte, so Altmann. Gemeinsam mit dem Dachverband der Fanclubs wurden Freikarten organisiert und ein gemeinsames Mittagessen veranstaltet. Hinterher kamen Spieler für eine Autogrammstunde vorbei.
Zwei Jahre später wurden bereits gezielt Behinderteneinrichtungen angeschrieben und eingeladen. Die Resonanz war überwältigend gewesen: 1.200 Menschen waren beim dritten Behindertentag dabei. Sie sahen den einzigen Heimsieg der Saison für den FCM, der die Regionalliga Nord auf dem letzten Platz abschloss.
Die Teilnehmerzahl steigerte sich von Jahr zu Jahr. Mittlerweile gebe es sogar mehr Interessenten als verfügbare Tickets: “Es ist zwar schade, aber jetzt muss ich auch regelmäßig Absagen erteilen, weil unser Kontingent nicht mehr reicht”, bedauert Altmann.
Nicht nur die Nachfrage, auch die Mitwirkung der aktiven Fanszene beeindruckt ihn. Block U spende seit Jahren ein großes Kartenpaket und bringe sich aktiv in der Gestaltung des Rahmenprogramms ein, so Altmann: “Das macht mich schon stolz, weil das mir zeigt, dass nicht nur über Teilhabe und Inklusion geredet wird. Bei uns wird das gelebt.”
Frei verfügbares Fanradio für Sehbehinderte
Ebenfalls vorbildhaft sei das barrierefreie Fanradio, welches der FCM für sehbehinderte Fans anbietet. Die Idee sei auf einer Tagung von Hertha BSC entstanden. Mit der technischen Ausrüstung der Herthaner habe man damals im Magdeburger Stadion angefangen. Als erster Reporter war Sören Tümmler vom MDR im Einsatz.
Über Spenden und mit Unterstützung von “Aktion Mensch” wurde anschließend eine eigene Anlage angeschafft, mit enormen Vorteilen. “Wir waren die erste Anlage in ganz Deutschland gewesen, wo man nicht auf die Plätze angewiesen war. Bei uns konnte man sich immer schon die Kopfhörer holen und im ganzen Stadion unsere Reportage hören”, berichtet Altmann stolz. Das barrierefreie Fanradio ist auch über die FCM-App empfangbar.
Die Probleme für Rollstuhlfahrer in der Avnet-Arena
Ein Problemfeld in der Barrierefreiheit beim FCM sind hingegen die Rollstuhlplätze, die sich in der Avnet-Arena vor Block 24 befinden. “Bei uns ist vor allen Dingen störend, dass wir immer Publikumsverkehr vor unseren Rollstuhlfahrern haben”, erklärt Altmann.
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So passiere es gelegentlich, dass einzelne Zuschauer den Fans im Rollstuhl die Sicht versperren, wenn sie vor ihnen stehen bleiben, weil etwas auf dem Spielfeld passiert. Zwar würden viele den Weg freimachen, wenn man sie darauf anspricht. Einige jedoch würden diese Hinweise missachten, bemängelt Altmann. “Das finde ich dann ein bisschen unter der Gürtellinie. Da kann man sich schon drüber aufregen.”
In Gesprächen mit der Feuerwehr, dem Sicherheitsdienst und dem Veranstaltungsleiter habe er vorgeschlagen, die Rollstuhlplätze nach vorne zu ziehen. Das sei aber aufgrund der Fluchtwege “sehr schwierig”. Auch eine Verlagerung in den Innenraum sei wegen der Fernsehkameras keine Option. Zudem wären die Rollstuhlfahrer dann nicht mehr vor Regen geschützt.
Er werde aber weiter dafür kämpfen, die Situation für die Rollstuhlfahrer zu verbessern. In Stadien, die neu errichtet werden, ist übrigens vorgegeben, dass Rollstuhlfahrer in alle Bereiche kommen können. In Münster soll das erste Stadion dieser Art entstehen.