DFB-Pokal-Niederlage Das lief schief: Analyse zur FCM-Pleite gegen Kickers Offenbach
Der Schock über den bisweilen blutleeren Auftritt des 1. FC Magdeburg im DFB-Pokal gegen Kickers Offenbach sitzt bei manchem wohl noch tief. Magdeburg Blau-Weiß analysiert das Spiel in der Tiefe, sucht nach Erklärung für die Leistung und zeigt auf, was das für den Liga-Alltag bedeuten kann.
Magdeburg/Offenbach - Auch zwei Tage nach dem überraschenden Ausscheiden des 1.FC Magdeburg in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen Kickers Offenbach ist das Entsetzen im FCM-Umfeld noch groß.
Nachdem sich der Blick nun aber zwangsweise auf den kommenden Liga-Alltag richtet, soll die Begegnung mit den Offenbacher Kickers aus analytischer Sicht aufgearbeitet und die Frage nach möglichen Rückschlüssen für die nächsten Ligaspiele beantwortet werden.
Christian Titz wollte nichts dem Zufall überlassen und das Spiel mit der notwendigen Ernsthaftigkeit angehen, sodass der FCM trotz großen Kaders nahezu vollständig auf Rotation verzichtete und mit exakt derselben Startformation wie schon zum Ligaauftakt gegen Elversberg auflief.
Der Club bemühte sich in der anfänglichen halben Stunde, die Favoritenrolle primär über Spielkontrolle zu sichern und einen möglichen frühen Rückstand zu verhindern.
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Auf dem Feld zeigte sich dies durch ein hohes Anlaufverhalten gepaart mit konservativen, aber sicheren Passstafetten (87 Prozent Passquote in der Anfangsviertelstunde) und hohem Ballbesitzwert (74 Prozent bis zur 30. Spielminute).
Defensiv passte die Herangehensweise auch zunächst – man war stärker in den Zweikämpfen (53 Prozent gewonnene Duelle bis dahin), ließ Offenbach nicht ein einziges Mal in den eigenen Strafraum und ließ sie nur einmal zum Schuss kommen (ungefährlicher Distanzschuss von Dimitrij Nazarov nach Ballverlust von Bryan Teixeira in der 14. Spielminute).
Dagegen mangelte es von Beginn an aber an eigenen Lösungen in der FCM-Offensive: Magere drei Abschlüsse (davon nur einer innerhalb des Strafraums) konnten verbucht werden und die ausgestrahlte Gefahr war begrenzt (0,14 „expected Goals“, dazu nur zwei erfolgreiche Pässe in Tornähe).
Das Vorhaben, sich den Gegner zurechtzulegen, fand jedoch in der 31. Minute ein jähes Ende: Nach Abstimmungsproblemen in der Defensive duckte sich Jean Hugonet unter der Freistoßflanke weg und Alexander Sorge traf aus dem „Nichts“ zur Führung für den Außenseiter.
1. FCM im Rückstand mit viel offensivem Leerlauf
In der Folgezeit wurde der Regionalligist etwas mutiger, setzte den FCM ebenfalls mit höherem Anlaufen unter Druck und die Magdeburger wurden vor allem zum Ende der ersten Halbzeit fehleranfällig im Aufbau (sieben Ballverluste im eigenen Drittel, davon führten drei zu OFC-Abschlüssen).
Der FCM agierte in Folge offensiv ebenfalls etwas gefährlicher, kam zu acht Abschlüssen und zehn Strafraumaktionen zwischen der 30. und der 60. Spielminute – ließ aber, trotz sich bietender Lücken, vor allem die Präzision bei Spielverlagerungen und Schnittstellenpässen in den Rücken der OFC-Abwehr vermissen.
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Doch auch der Ausgleich von Martijn Kaars verschaffte dem FCM im offensiven Ballbesitz nicht den nötigen Rückhalt, um die Offenbacher unter dauerhaften Druck zu stellen: Zwischen der 54. und der 80. Spielminute kam der FCM zu keinem eigenen Abschluss und nur vier der 16 Aktionen, um in den gegnerischen Strafraum einzudringen, waren erfolgreich.
Den Offenbachern genügten sogar nur zwei Aktionen dieser Art: Erst kam Boubacar Barry nach Einzelaktion in der 62. Minute zum Schuss, dann folgte der OFC-Führungstreffer nach kollektivem Totalaussetzer (Gegentor trotz defensiver Acht-gegen-vier-Überzahlsituation).
Wer im Anschluss ein Aufbäumen des FCM erwartete, wurde jedoch enttäuscht: Nach erneutem Rückstand betrieben die Magdeburger in der Schlussoffensive zwar viel Aufwand (78 Prozent Ballbesitz, 11 Bälle in den Strafraum, 16 Angriffsversuche).
Wirklich zwingend wurde Blau-Weiß dabei aber nicht: lediglich drei Abschlussversuche in der Schlussviertelstunde (inklusive Nachspielzeit) und 0,23 expected Goals (einzig nennenswerte Chancen von Alexander Nollenberger und Tatsuya Ito).
Somit ist das Ausscheiden nach Spielanteilen sicherlich überraschend, hinsichtlich ausgestrahlter Torgefahr allerdings vertretbar. Nach 90 Minuten konnte Kickers Offenbach dieselbe Anzahl an Schüssen im Strafraum vorweisen (7) wie der FCM und lag nach den Daten von "wyscout" auch bei den erwarteten Toren vorn (1,85 - 1,59 expected Goals).
FCM - OFC: Welche Rückschlüsse können auf den weiteren Ligaalltag gezogen werden?
So schwer die Niederlage auch zu verdauen ist, sollte trotzdem festgehalten werden, dass sich der DFB-Pokal stark vom Ligabetrieb unterscheidet und meist geringe bis keine Rückschlüsse gezogen werden können. Jedes Jahr scheiden einige Favoriten früh im Saisonverlauf aus, wie der FCM in der Außenseiterrolle gegen den Bundesligisten FC Augsburg sogar zweimal erleben konnte. Trotzdem sind mehrere wesentliche Erkenntnisse zutage getreten:
1. Die FCM Abwehr ist weiterhin nicht sattelfest und anfällig für individuelle Fehler
Was gegen Elversberg noch routiniert wirkte, fiel gegen Braunschweig bereits ins Gewicht und war auch in den Vorbereitungsspielen teilweise erkennbar. Wie in der Vorsaison neigt der FCM weiterhin zu individuellen Fehlpässen im Spielaufbau, hat teilweise Problem in der Verteidigung der ballfernen Spielseite und verliert Schlüsselzweikämpfe.
Mit Marcus Mathisen gewann man Routine, jedoch schwanken vor allem Jean Hugonet und Daniel Heber teilweise stark in ihrer Leistung.
2. Dem FCM gelingt es noch nicht ausreichend, offensiven Druck zu kreieren
Gegen die SV Elversberg verblieb man ohne eigenes Tor, während man gegen Braunschweig zwar sehr effektiv war, aber nur selten vor dem gegnerischen Tor auftauchte (drei Tore bei 1,7 expected Goals und nur sieben Schüssen im Strafraum). Diese Tendenzen zeigten sich auch in den abschließenden Testspielen der Vorbereitung; die Tore gegen Norwich City und Sampdoria Genua entstanden primär aus individuellen Fehlern der Gegner.
Gegen Offenbach fiel zusätzlich ins Gewicht, dass der FCM erstmalig in dieser Saison in Rückstand geriet und gezwungen wurde, selbst die Initiative zum Torerfolg zu ergreifen – ein Aspekt, mit dem sich der FCM noch schwertut.