"Maschine" im Interview Felix Schiller schwärmt vom Aufstieg 2015 und hat einen Rückkehr-Plan
Felix "Maschine" Schiller erlebte eine irre Zeit beim 1. FC Magdeburg, verriet er in einem Podcast-Interview. Inklusive Ekstase beim Drittligaaufstieg mit dem FCM.
Magdeburg/DUR - Er war der Prototyp eines kompromisslosen Verteidigers, die Fans nannten ihn “Maschine”. Felix Schiller erlebte beim 1. FC Magdeburg die erfolgreichste Zeit seiner Fußballerkarriere. 2015 stieg er mit dem FCM in die 3. Liga auf und war auch drei Jahre später beim ersten Zweitliga-Aufstieg dabei.
In den legendären Duellen gegen die Kickers Offenbach vor neun Jahren spielte der Ex-FCM-Profi mit seinem Tor zum 1:1 im Rückspiel eine entscheidende Rolle und war einer der Publikumslieblinge der damaligen Aufstiegsmannschaft. Genau wie Lars Fuchs vor einer Woche war er im Podcast des MDR zu Gast und blickte dort auf die geschichtsträchtigen Wochen zurück.
Heute ist Schiller Grundschullehrer in Berlin. Er unterrichtet Mathematik, Deutsch und Sport, manchmal sogar Kunst. Gelegentlich vermisse er die Emotionen, die der Fußball in ihm ausgelöst hat: “Mir fehlt dieser Adrenalinschub. Das kann man nur nachvollziehen, wenn man selbst unten auf dem Platz stand. Diese Geräuschkulisse wahrzunehmen, wenn ein Tor fällt, das ist durch nichts zu ersetzen”, beschreibt Schiller.
Schillers Sehnsucht nach den Fußball-Emotionen
Diesen Rausch habe er versucht, durch das Nachtleben zu ersetzen, doch das ging nicht lange gut. “Nach meiner Karriere war ich samstagabends gerne unterwegs. Das tut dir aber auf Dauer nicht gut, gerade in Berlin”, meint Schiller.
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Inzwischen hat er zum Sport zurückgefunden, spielt Tennis, geht laufen. Allerdings machte ihm sein Knie bei größerer Belastung zu schaffen, weshalb er seine Profikarriere schon mit 29 Jahren beenden musste.
Seine beste Zeit hatte der gebürtige Berliner zweifellos in Magdeburg, so sagt er. Von 2012 bis 2018 bestritt der Innenverteidiger 101 Pflichtspiele, erzielte sieben Tore und sechs Vorlagen. Er war einer der Protagonisten bei den Entscheidungsspielen um den Drittliga-Aufstieg gegen Kickers Offenbach.
Die aufgeheizte Atmosphäre in den Offenbach-Spielen
Vor dem Hinspiel war er angeschlagen, wie er im Podcast verrät. Zwei Wochen zuvor hatte er sich gegen Hertha BSC II ein Band im Sprunggelenk gerissen. Doch das hinderte ihn nicht daran, beide Partien zu bestreiten.
“Mit der Erwärmung war das wie weggeflogen. Das habe ich noch nie erlebt. Mit dem Anpfiff war eine Aggressivität auf dem Platz”, so Schiller über die Atmosphäre im Magdeburger Stadion beim Hinspiel gegen Offenbach.
Die aufgeladene Stimmung habe sich auf alle Spieler übertragen. Schiller: “Selbst ausgewogene Typen wie Sowislo und Puttkammer hatten so eine Präsenz auf dem Platz und haben sich nichts gefallen lassen. Das sind Momente, die vergisst man nicht.”
Auch die Gegenspieler waren angestachelt, es ging heiß her. “Ich habe mir gedacht: Die ticken nicht ganz rund. Das hat sich gegenseitig hochgeschaukelt auf dem Platz und auf den Rängen”, erinnert sich Schiller.
FCM-Rückspiel gegen Offenbach: Schiller "wie in Trance"
Noch krasser erlebte er das Rückspiel in Offenbach. “Schon vor dem Spiel flogen die ersten Gehhilfen auf den Rasen”, berichtet er. Das 0:1 habe er ganz merkwürdig wahrgenommen. Schiller: “Beim Tor für Offenbach hat man den enormen Lärm wahrgenommen. Aber es flog auch vorbei, wie in Trance. Ganz komische Situation.”
Es dauerte nur drei Minuten, bis ihm der Ausgleich gelang, auch wenn die Augenblicke ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen seien.
Dass ausgerechnet er an diesem Tag treffen würde, hatte sich dabei offenbar nicht abgezeichnet. “Am Tag vor dem Spiel haben wir dieses Flankenspiel im Training gemacht. Da habe ich die so viele Bälle über den Zaun gesemmelt, dass alle gesagt haben: ,Tauch bloß nicht vorm Tor auf’”, erzählt Schiller.
“Dann segelt der Ball hinein und so einen Wackelfuß hatte ich noch nie in meiner Karriere. Ich habe den Ball reinbegleitet”, schildert er seinen goldenen Treffer gegen Offenbach.
Der Feiermarathon des FCM nach dem Aufstieg
Nach dem 1:1 war sich der Verteidiger sicher, dass seine Mannschaft das Spiel ziehen würde. Die Feierlichkeiten nach dem Rückspiel hat er noch gut in Erinnerung. “Wir haben in der Kabine zwei Stunden lang Bier- und Sektduschen gemacht. Es gab ganz viel Pizza. Heiko Horner war in den Swimmingpool gesprungen”, berichtet Schiller.
Nach der Rückkehr in die Elbestadt ging es am Hasselbachplatz weiter. “Wir wurden auf Händen getragen und wurden im M2 empfangen wie Könige. Das ist mir im Nachhinein fast ein bisschen unangenehm, wie wir damals gefeiert wurden”, räumt Schiller ein. Die Mannschaft erlebte laut Schiller “eine lange Nacht mit tollen Gesprächen und vielen Emotionen.”
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Am nächsten Tag fuhren Spieler und Trainer mit Frauen und Kindern in einem offenen Bus zum Alten Markt, wo sie von mehr als 10.000 Fans gefeiert wurden. Auch Schiller war überwältigt: “Ich konnte nicht fassen, dass dieser ganze Platz voll war. Pyrotechnik überall. Schöner kann man es sich nicht ausmalen.”
Anschließend ging es weiter mit dem Feiermarathon nach Mallorca. “Es waren auch Fans mitgeflogen, wir haben den halben Bierkönig eingenommen”, so Schiller. Dabei stellte er im Podcast klar, dass er während seiner Karriere nicht ständig am Feiern war und insbesondere vor Spielen “relativ streng” mit sich und “professionell” war.
So kam Schiller zu seinem Spitznamen “Maschine”
Gerne erinnert er sich an die besonderen Charaktere in der damaligen Mannschaft zurück. “Ein Marcel Schlosser, der am Ende gar nicht mehr so viel Spielzeit hatte. Was der für eine Energie in die Truppe hereingetragen hat.” Er sei der erste gewesen, der ihn im Training “Maschine” genannt habe.
Ein weiterer Spieler, der nicht die große sportliche Rolle spielte, aber sich voll in das Team eingebracht habe, war Christoph Siefkes. “Ein ganz lustiger Typ. Der ist marschiert. Ich werde nie vergessen, wie er gegen Leverkusen diesen verunglückten Ball über die Linie gedrückt hat”, so Schiller. Nico Hammann wiederum sei der Kabinen-DJ und Zauberfuß gewesen: “Er hat Ecken mit links und mit rechts geschossen, rein nach Gefühl.”
Große Bewunderung hatte er auch für Fuchs übrig. Schiller: “Er war ein Instinktfußballer. Was der für Räume gesehen hat, wie ruhig er am Ball war und in hektischen Phasen Ruhe in die Mannschaft gebracht hat”.
Marius Sowislo adelt er als einen Führungsspieler, den er davor und danach nie wieder erlebt habe. Und den “besonderen Schädel” von Kumpel Christian Beck könne er auch nicht vergessen. Wenn Schiller über seine ehemaligen Teamkollegen spricht, kommt er ins Schwärmen.
Genauso tief ist seine Verbundenheit zum FCM. Der 34-Jährige liebäugelt sogar mit einer Rückkehr zum Club als Nachwuchstrainer. “Ich möchte in den nächsten Jahren ein paar Trainerscheine machen. Ich kann mir vorstellen, als Jugendtrainer zu arbeiten. Wenn irgendwo, dann beim 1. FC Magdeburg”, stellt Schiller klar.