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Torwart-Analyse Dominik Reimann – starker Rückhalt oder Risiko-Faktor?

Dominik Reimann, Torwart beim 1. FC Magdeburg, steht immer wieder in der Kritik. Zurecht? Wir analysieren den Keeper und vergleichen ihn mit anderen Zweitliga-Torwarten.

Von virtualfootball 18.04.2024, 11:47
Dominik Reimann ist trotz mancher Schwächen ein Rückhalt in der Mannschaft vom 1. FC Magdeburg.
Dominik Reimann ist trotz mancher Schwächen ein Rückhalt in der Mannschaft vom 1. FC Magdeburg. (Foto: IMAGO / Christian Schroedter)

Magdeburg- Dominik Reimann ist nach fast drei Jahren beim 1. FC Magdeburg nicht vollkommen unumstritten. Bereits im vergangenen Sommer verpflichtete man mit Julian Pollersbeck einen namhaften Konkurrenten, welcher sich allerdings – auch aufgrund von Verletzungen – nicht durchsetzen konnte.

In der aktuellen Sieglos-Serie des FCM von bereits sechs Partien steht Reimann nun wieder vermehrt in der Kritik.

Um zu bewerten, wie gut der gebürtige Münsteraner tatsächlich performt, lohnt sich ein Blick auf seine in dieser Saison erzielten Leistungsdaten sowie auf weitere Keeper der 2. Bundesliga, um die Werte besser in Relation setzen zu können.

Zum einen auf Daniel Heuer Fernandes, dessen Spielstil unter Tim Walter dem Reimanns am meisten ähnelte, zum anderen der Lauterer Schlussmann Julian Krahl, der hinsichtlich Alter und Marktwert gut mit Reimann vergleichbar ist (außerdem spielt auch er bei einem aktuell abstiegsgefährdeten Team).

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Zusätzlich wird noch der – so viel sei bereits verraten – statistisch beste Torhüter der Liga mit in Betracht gezogen: Der 25-jährige Ex-Magdeburger Timon Weiner von Spitzenreiter Holstein Kiel. Grundsätzlich wurden für diverse Rankings alle 26 Zweitliga-Torhüter in der Analyse berücksichtigt, die in dieser Saison mindestens 270 Minuten auf dem Feld standen

Stärken auf der Linie

Um mit einem simplen Wert zu starten: Dominik Reimann steht aktuell bei 46 Gegentoren – und damit auch der FCM, denn Reimann hat in dieser Spielzeit noch keine Minute verpasst. Damit haben bereits neun Teams mehr gegnerische Treffer hinnehmen müssen als die Blau-Weißen.

Dabei ließ der FCM in dieser Saison bereits Chancen zu, die statistisch zu 47,05 erwarteten Gegentoren geführt hätten, Reimann hat also durch seine Paraden etwa ein Tor weniger kassiert als es statistisch zu erwarten gewesen wäre – ein sehr ordentlicher Wert. Ligakrösus ist der Kieler Weiner mit etwa sechs verhinderten Toren. Heuer Fernandes hingegen hat über drei Tore mehr zugelassen als erwartet, Krahl sogar mehr als sechs.

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Eine weitere hilfreiche Statistik ist die Quote an abgewehrten Bällen auf das Tor. Weiner ist hier erneut Spitzenreiter mit knapp 75%, Reimann liegt mit 70,5% auf einem guten 6. Rang im Ligavergleich. Heuer Fernandes erreicht ordentliche 69%, während Krahl mit 62% deutlich abfällt. Logisch ist, dass ein Torhüter eines Abstiegskandidaten meist mehr Möglichkeiten erhält, Gegentore zu verhindern und sich somit (auch statistisch) auszuzeichnen.

So auch Reimann: Kein anderer Torwart bekam mehr Schüsse auf seinen Kasten (156). Allerdings muss ebenso die Qualität der Gelegenheiten berücksichtigt werden, wobei wiederum ein Verweis auf die bereits erwähnten erwarteten Gegentore naheliegt.

Ausbaufähige Strafraumbeherrschung

Eine weitere wichtige Anforderung an jeden Torwart ist ein sicheres Abfangen von Flanken und anderen hohen Bällen in den Strafraum. Bei diesen agiert Reimann eher zurückhaltend, nur etwa ein Mal pro Spiel fängt er einen hohen Ball im Sechzehner ab und somit so selten wie kaum ein anderer Schlussmann.

Die Spannweite ist bei dieser Statistik („Exit“ genannt) nicht besonders groß, Lauterns Krahl liegt mit 1,6 sogar auf Rang fünf. Trotzdem geht Reimann nur etwa halb so oft von der Linie wie die Ligaspitze. Bei Luftduellen, also Exits mit Gegnerkontakt, sieht es ähnlich aus, seine Erfolgsquote bei diesen Duellen liegt mit 90% im durchschnittlichen Bereich. Viele Torhüter erreichen sogar einen Wert von 100%, Krahl kommt hingegen nur auf 71%.

Dominik Reimann beim Spiel seines 1. FC Magdeburg gegen Schalke 04.
Dominik Reimann beim Spiel seines 1. FC Magdeburg gegen Schalke 04.
(Foto: IMAGO / Team 2)

Auffällig ist bei der Magdeburger Nummer 1 hingegen, dass er durchaus seine Probleme bei Flankenbällen auf den zweiten Pfosten hat. So sah er am vergangenen Wochenende beim Last-Minute-Ausgleich des HSV etwas unglücklich aus. Außerdem unterlief ihm am 13. Spieltag gegen Hansa Rostock beim 1:2 ein klarer Fehler, als eine scharf getretene Ecke am langen Pfosten ins Netz fiel.

Wohl auch als Konsequenz dieser Szenen wirkt Reimann in solchen Situationen teils verunsichert und meidet sie, wenn es möglich ist. Vergleichbare Torhüter sind dort deutlich mutiger.

Meist sicheres Spiel mit dem Ball

Wer in den vergangenen Jahren auch nur ein Spiel des FCM gesehen hat, wird bemerkt haben, dass dem Torhüter im Spielsystem von Trainer Christian Titz eine außergewöhnliche Rolle zugesprochen wird. Reimann positioniert sich teilweise weit von seinem eigenen Tor entfernt und verteilt von dort aus den Ball.

So ist Reimann mit großem Abstand auf die anderen Keeper am meisten ins Aufbauspiel seines Teams eingebunden: Pro 90 Minuten spielt er über 30% mehr Pässe als der Zweitplatzierte dieser Kategorie (34). Großer Vorteil ist hierbei seine Beidfüßigkeit, die es ihm in verschiedensten Situationen ermöglicht, sich spielerisch zu befreien.

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Wichtig für den Raumgewinn ist zudem die Anzahl der sogenannten progressiven Pässe. Auch dort liegt Reimann mit einem Wert 10,5 pro 90 Minuten an der Ligaspitze.

Selbst der Hamburger Heuer Fernandes, der unter Tim Walter ebenfalls sehr viel ins Kombinationsspiel eingebunden war, kommt nur auf etwa die Hälfte, Krahl und Weiner auf sieben, was unter anderem daran liegt, dass bei den progressiven Pässen teilweise auch hohe, lange Bälle inkludiert sind. Reimanns Passquote von über 92% kann sich ebenfalls sehen lassen, hier übertrifft ihn nur Heuer Fernandes leicht, während die anderen beiden mit ca. 87% etwas abfallen.

Reimanns Quote erklärt sich jedoch mitunter durch die hohe Zahl an seitlichen Pässen mit oft kurzer Distanz, welche deutlich weniger Risiko bergen abgefangen zu werden als lange Diagonalbälle. Seine durchschnittliche Passdistanz liegt bei 27,5m, womit er im oberen Drittel liegt, bei Krahl sind es hingegen 32,6m. Insgesamt spielt Reimann mehr als jeden zweiten Ball zur Seite, meist zu den Innenverteidigern.

Trotz der generell hohen Passquoten unterlaufen dem FCM allerdings immer wieder teils fatale Fehlpässe im eigenen Drittel, wobei Reimann nicht unbeteiligt ist.

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In manchen Situationen fehlt Reimann etwas der Überblick über das Pressingverhalten der gegnerischen Mannschaften, sodass er nicht immer erkennt, wie viel Druck bereits auf seine Mitspieler in deren Rücken ausgeübt wird. So spielte er beim 0:7-Debakel in Karlsruhe Daniel Elfadli zum einen zu hart, zum anderen halbhoch an, woraus direkt ein Ballverlust und ein Gegentreffer folgten.

In der 2. Halbzeit derselben Partie unterlief ihm außerdem ein weiterer indiskutabler Kurzpass in die Füße des jungen KSC-Stürmers Ali-Eren Ersungur, der die Großchance liegen ließ. Am 6. Spieltag gegen Schalke wurde ein ähnlicher Fehler jedoch direkt mit einem Gegentreffer bestraft.

Fazit

Alles in allem gehört Dominik Reimann in den Kernkompetenzen der Torhüterposition zu den besseren Akteuren der 2. Bundesliga. Auf der Linie ist er für seine Mannschaft ein starker Rückhalt und bei weitem kein Unsicherheitsfaktor.

Mit dem Ball am Fuß gehört er ebenfalls zu den besten Torhütern der Liga, wobei er – wie die ganze Mannschaft – die Ballverluste in kritischen Zonen dringend abstellen muss. Unterläuft ihm ein Fehler, fällt dieser meist schwerer ins Gewicht, da er häufig zu einer Großchance für den Gegner führt.

Hinsichtlich der Präsenz und Sicherheit im eigenen Sechzehner ist ebenfalls noch Luft nach oben. Trotzdem ist das Gesamtpaket Dominik Reimann für die Ansprüche eines Zweitligisten, gerade für die eines Abstiegskandidaten, welcher der 1. FC Magdeburg aktuell ist, mehr als ausreichend.