Magdeburg gegen Kiel Nach FCM-Sieg: Polizei sperrt Kieler Hauptbahnhof – Gewalt, Flaschenwürfe und Polizisten-Selfies
Auf ein aufregendes Spiel des 1. FC Magdeburg gegen Zweitliga-Konkurrent Holstein Kiel, folgten offenbar Ausschreitungen am Kieler Hauptbahnhof. FCM-Fans hätten die Polizei angegriffen, der Bahnhof wurde gesperrt. Für zwei Beamte könnte es ein Nachspiel geben.
Magdeburg / Kiel - Der 1. FC Magdeburg bezwingt vergangenen Sonntag in der 2. Bundesliga Konkurrent Holstein Kiel in einem Torfestival mit 2:4. Nach dem Match treten die Magdeburger Fans ihre Rückreise an. Am Kieler Hauptbahnhof soll es dann zu Ausschreitungen gekommen sein. Doch, warum eskalierte die Situation? Handelte die Polizei unverhältnismäßig – und prügelten Beamte auf einen am Boden liegenden FCM-Fan ein?
Laut Aussage der zuständigen Bundespolizeiinspektion Kiel, soll es am Sonntagnachmittag im Kieler Hauptbahnhof zu Ausschreitungen zwischen FCM-Fans und der Polizei gekommen sein. Wie die Polizei berichtet, hätten manche der bis zu 300 dort anwesenden Fans des 1. FC Magdeburg die Türen eines Regionalexpresses blockiert und Notbremsen gezogen. Die Polizei habe die Fans laut eigener Aussage aufgefordert, einzusteigen und die Tür freizumachen. Daraufhin sei die Lage eskaliert.
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Die Club-Fans hätten laut Polizei nach dem Beamten geschlagen, mit Flaschen und Dosen geworfen und dabei vier Polizisten verletzt. Als Reaktion setzte die Bundespolizei Pfefferspray gegen die FCM-Anhänger ein.
Die Polizei sperrte den Kieler Hauptbahnhof vorübergehend komplett, stellte 280 Identitäten fest, einige von ihnen müssten sich nun laut Polizeiangaben unter anderem wegen des Verdachts des tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte verantworten.
Auswärtssieg in Kiel - aber nicht für alle ist das gerade ein spaßiger Abend. Seit Stunden werden Clubfans am Bahnhof #Kiel von der #Polizei festgehalten, einzeln gefilzt und kontrolliert. Die Polizei behandelt uns Clubfans wie Schwerkriminelle. Das kann nicht sein!#ksvFCM pic.twitter.com/bvSOjGO6uj
— Fanhilfe Magdeburg (@fanhilfe_md) August 20, 2023
Hat die Polizei in Kiel überzogen reagiert?
„Irre, was da passiert ist“, sagt Oliver Wiebe vom Dachverband der Fanhilfen ‚Magdeburg Blau-Weiß’ am Telefon. „Der Einsatz war unverhältnismäßig, den Fans wurde kein Grund genannt und es fand keine Rechtsbelehrung statt“, behauptet Wiebe.
Oliver Wiebe setzt sich mit der Fanhilfe seit vielen Jahren für die Rechte der Fans ein, auch den Anhängern vom 1. FC Magdeburg. Er, so gibt er zu, sei zwar selber nicht vor Ort gewesen, dafür andere Mitglieder der Fanhilfe.
Sie sollen unter anderem beobachtet haben, dass es nach Abpfiff zu Komplikationen bei der Taschenausgabe am Stadion gekommen sei. Drei von sechs Shuttlebusse seien laut Wiebe daraufhin zum Hauptbahnhof gefahren, einige Fans hätten also vorerst zurückbleiben müssen bis das Taschen-Problem gelöst wurde.
Am Zug sollen Fans die Türen blockiert haben, damit unter anderem diese Nachzügler es in die Waggons schaffen würden, so das Fanhilfe-Mitglied. Die Polizei forderte die Fans auf, den Weg freizumachen, damit der Zug losfahren könne. Oliver Wiebe: „Es kann passieren, dass sich, wie gestern, fünf oder sechs von 250 Fans das nicht gefallen lassen.“
Schlugen Polizisten auf einem am Boden liegenden Fan ein?
Ein FCM-Fan, der anonym bleiben möchte, soll laut eigener Angabe im betroffen Zug gewesen sein und aus dem Waggon heraus das Geschehen beobachtet haben. Die Club-Anhängerin soll gesehen haben, dass ein älterer betrunkener Mann, der in der Zugtür gestanden und diese blockiert haben soll, von Polizisten bedrängt wurde. Daraufhin habe der Mann Fan-Schal und Mütze ins Gleisbett verloren. Kurz danach sei die Lage eskaliert.
Nur kurz darauf habe sie einen anderen Vorfall beobachtet. „Da lag ein Mann auf dem Boden, mehrere Polizisten standen um ihn herum und haben auf ihn eingeschlagen“, sagt der anonyme Fan am Telefon. Andere Fans hätten den Geprügelten aus dem Tumult befreien können, so der Fan.
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„Wir sollten irgendwann aus dem Zug aussteigen und das Gleis wechseln. Aber das ging nicht, weil der Weg von den Fans voll war, die von der Polizei festgehalten wurden", sagt die mutmaßliche Augenzeugin. Und weiter: "Zurück ging auch nichts, weil die Türen zum Zug versperrt waren.“ Belegen lassen sich die Aussagen nicht.
Insgesamt habe sie zwei Stunden am Bahnhof ausharren müssen, so der Fan. Nach Hause kam sie, wie so viele andere Fans, an diesem Tag nicht.
Kiel-Krawalle: Polizei-Selfie auf Gleisbett
Während hunderte Fans und andere Reisende wegen der Sperrung am Sonntagnachmittag im Zug ausharren mussten, nutzen offenbar zwei Polizeibeamte der Landespolizei die Zeit, um sich zu amüsieren.
Wie in einem Video zu sehen, das unter anderem auf Twitter/X zirkuliert, stehen zwei Polizisten in voller Montur im Gleisbett. Einer von ihnen schießt mit seinem Telefon ein Selfie, hinter ihm posiert ein weiterer Beamter heiter winkend.
Allein auf Twitter schauten sich Nutzer das Video fast 100.000 Mal an. Die Fanhilfe Magdeburg teilt den Clip, schreibt zu dem Video zynisch: „Tiefer Einblick in den Umgang der Polizei mit Fußballfans.“
User fordern die Polizei zu einem öffentlichen Statement auf. Ein anderer hält das Video für Fake. Ein Twitter/X-Nutzer dreht den Spieß um, schreibt: „Genau mein Humor, Magdeburg. Erst Flaschen werfen und am Bahnhof randalieren und dann seid ihr die Opfer“.
Die Bundespolizei sagt auf ‚Magdeburg Blau-Weiß’-Nachfrage, dass „das in dem Video abgebildete Verhalten unprofessionell“ sei und nicht den Standards der Landespolizei entspreche. Weiter: „Wir werden den Vorfall mit dem betroffenen Beamten nachbereiten.“
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Nach mutmaßlicher Fan-Krawalle: Wie geht es weiter?
Die Fanhilfe Magdeburg kritisiert insbesondere die Maßnahmen der Polizei. Laut Oliver Wiebe wolle man nun von den Anwälten prüfen lassen, was juristisch möglich sei.
Ob die Beamten keine Rechtsbelehrung vorgenommen haben, so wie Oliver Wiebe behauptet, oder auf den am Boden liegenden Fan eingeschlagen haben sollen, wie der anonyme Fan beteuert, ist unklar. Bis Montagnachmittag äußerte sich die Bundespolizei auf Nachfrage nicht.
Edit: Zu den Vorwürfen äußerte sich die Pressestelle der Polizeidirektion Kiel am frühen Dienstagmorgen: "Ich kann die von ihrer Quelle benannten Vorwürfe nicht bestätigen. So ein Vorfall ist mir nicht bekannt."