SERIE: 60 JAHRE FCM (TEIL 7) Streichs Elfmeter-Fehlschuss mit Folgen für Hansa – und auch den FCM
Joachim Streich war einer der besten Kicker in der ehemaligen DDR. Sein Wechsel von Hansa Rostock zum 1. FC Magdeburg wäre aber ohne einen Fehlschuss wohl nie geschehen.

Magdeburg/DUR – In diesem Jahr, am 22. Dezember, begeht der 1. FC Magdeburg seinen 60. Geburtstag. In den sechs Jahrzehnten feierte der Club große Erfolge, erlitt aber auch manchen Rückschlag. "Magdeburg Blau-Weiß" beleuchtet die Geschichte in Geschichten. Heute: der 24. Mai 1975.
An jenem Tag schrieb Joachim Streich unfreiwillig Geschichte. Der Torjäger gastierte mit dem FC Hansa Rostock, für den er ab 1969 in 141 Punktspielen 58 Tore erzielte, im Ostseederby bei der bereits als Absteiger feststehenden Armeesportgemeinschaft (ASG) Vorwärts Stralsund.
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Hansa musste gewinnen, um nicht auch den Gang in die zweitklassige DDR-Liga antreten zu müssen. Doch es passierte, was aus Hansa-Sicht niemals hätte passieren dürfen. Zunächst brachte Harald Biehl die Stralsunder Matrosen-Elf mit dem einzig gefährlichen Angriff in der 75. Minute mit 1:0 in Führung.
Achim Streich kam auf Umwegen von Hansa zum FCM
Im Gegenzug hatte Joachim Streich die große Chance zum 1:1-Ausgleich, scheiterte mit einem Foulstrafstoß aber an Vorwärts-Keeper Dieter Schöning. Zwar gelang Nationalspieler Gerd Kische, der Rechtsverteidiger lief die 100 Meter in 10,7 Sekunden, kurz vor Schluss doch noch der Ausgleich. Doch das reichte nicht, Hansa stieg gemeinsam mit den Stralsundern ab, während sich Wismut Aue mit einem 2:1 in Erfurt rettete.
„Dass ich den Elfmeter in Stralsund absichtlich verschossen habe, damit Hansa absteigt und ich wechseln kann, ist natürlich Quatsch“, beteuerte Streich Jahrzehnte später.
Unsere Serie "60 Jahre 1. FC Magdeburg"
- Teil 1: "Finale furioso" - Showdown um die Meisterschaft 1974
- Teil 2: Der absolute Tiefpunkt – 1994/95 nur 444 Heimfans im Schnitt
- Teil 3: So wurde der FCM erstmals Meister
- Teil 4: Clubgründung, Farbwechsel, Abstieg und freie Bahn für Krügel
- Teil 5: Wie der FCM in Erfurt den Titel riskierte
- Teil 6: FCM verteidigt den FDGB-Pokal 1979
Während Kische auch in der 2. Liga Auswahlspieler blieb, musste Streich auf Intervention von oben innerhalb der Oberliga wechseln. Für den gebürtigen Wismarer und Gattin Marita sollte die Zukunft eigentlich beim FC Carl Zeiss Jena liegen. Sogar das Namensschild in der Neubauwohnung an der Saale war schon angebracht.
Doch wieder kam es anders. Nachdem sich der FCM mit drei Punkten vor Jena seinen dritten Meistertitel innerhalb von vier Jahren sicherte, wurde Streich, der in der Liste der zwölf besten Saison-Torschützen nicht auftauchte, durch DFV-Generalsekretär Günter Schneider an die Elbe „delegiert“.
Streichs Elfmeter-Trauma gegen Malmö FF
Hintergrund war, dass den Magdeburgern neben Jürgen Sparwasser und Martin Hoffmann ein dritter, torgefährlicher Stürmer fehlte. Das wurde auch beim frühen Ausscheiden aus dem Europapokal der Landesmeister im Herbst 1974 gegen Bayern München (2:3, 1:2) deutlich. Doch die Rechnung ging ausgerechnet bei Streichs Europapokalpremiere für den FCM ein Jahr später nicht auf.
In der ersten Runde des Europapokals der Landesmeister gegen Malmö FF musste nach dem 1:2 im Hinspiel und dem 2:1 (Tore in der regulären Spielzeit: Hoffmann sowie Streich per Elfmeter!) im Rückspiel daheim im Grubestadion die Entscheidung vom Elfmeterpunkt her. Hierbei versagten ausgerechnet den Auswahl-Kickern Hoffmann, Streich, Decker und Zapf die Nerven, nur Youngster Wolfgang Steinbach traf vom Punkt.
Später dann avancierte Joachim Streich auch beim FCM zum Toptorjäger. Nur der Gewinn eines Meistertitels war dem „Fischkopp“ in den zehn Jahren beim Club, der anschließend auch noch fünf Jahre als Trainer folgten, nicht vergönnt.